Von der Wieden bis nach Favoriten öffnen Wiens Galerien ihre Pforten und laden zu von internationalen Kuratorinnen und Kuratoren gestalteten Ausstellungen ein. Ins Leben gerufen wurde das Projekt 2009 von der Wirtschaftsagentur Wien mit dem Ziel Wien als Standort im zeitgenössischen Kunstgeschehen zu stärken. Der Austausch der Galerien mit den Kuratoren ermöglicht es Kontakte zu knüpfen und Kooperationen zu finden, die nicht zuletzt auch die heimische Wirtschaft kräftigen. Verbunden sind die unterschiedlichen Präsentationen, die in den heuer 21 teilnehmenden Galerien über die Bühne gehen, durch ein gemeinsames Motto.
„image/reads/text“ heißt dieses Motto 2017 und lädt die Besucher einmal mehr dazu ein sich mit dem aktuellen Kunstgeschehen und dadurch nicht zuletzt auch mit dem Zustand unserer Welt auseinanderzusetzen. Eine Welt, die sich ständig im Wandel befindet und in der die Digitalisierung unseres Lebens unaufhörlich voranschreitet. Ein Umstand, der sich nicht zuletzt wesentlich auf unsere Art der Kommunikation auswirkt. Wie kommunizieren wir heute? Welche Rolle spielen darin Sprache und Kunst? Wie wirken die beiden zusammen und welchen Einfluss hat die zunehmende Visualisierung – man denke in etwa an den Einfluss von Emojis in unserem täglichen Textverkehr – beziehungsweise sie Verbildlichung der Sprache auf unseren Alltag? So in etwa lauten die Fragestellungen, die anhand der unterschiedlichen Präsentationen zur Diskussion gestellt werden. Dass die Herangehensweisen und Themenpaletten trotz gewisser Vorgaben unterschiedlicher kaum ausfallen dürften liegt auf der Hand.
Mit Maschinen sprechen in der Galerie Crone
Um die Sprache der Maschinen (auch untereinander) geht es beispielsweise in der Galerie Crone, die mit dem eingeladenen Kurator Paul Feigelfeld eine der interessantesten Ausstellungen verwirklichte. Als Titel wählte man „K.I. Künstliche Intelligenz I A.I. Artistic Intellegenz“ und setzt sich mit der Automatisierung von Schreib- und Bildgenerierung-Prozessen auseinander. Ein gelungenes Beispiel einer künstlerischen Arbeit zum Thema liefert der niederländische Künstler Constant Dullaart, der eine Maschine ihre „Imagination“ zu Zebrastreifen erst berechnen und sie dann in Form von Bildformaten ausdrucken lies. Die so entstandenen Bilder wiederum ließ er von den „Arbeitern“ einer chinesischen Kunstfabrik (die weltgrößte Siedlung von Malern, die auf Bestellung diverse Bilder herstellen) kopieren.
Die direkte Kontaktaufnahme von der Maschine zum Menschen wird hingegen im Werk des Berliner Künstlers Julian Oliver thematisiert. Ein mit einer Spionagesoftware ausgestatteter Bürodrucker verschickt nach dem Zufallsprinzip SMS-Nachrichten an Galeriebesucher. Nicht nur unterhaltsam, sondern auch „very scary“.
Ergänzt werden diese zeitgenössischen Objekte und Installationen durch historische Positionen von u.a. Hanne Darboven – die Künstlerin übernahm die automatisierte Tätigkeit einer Maschine in mühseliger Kleinstarbeit per Hand – und Joseph Beuys, der einen Computer im Jahr 1981 das Ende des Kapitalismus berechnen ließ und die Ergebnisse in einer beinahe schon heilig wirkenden Holzkiste präsentierte. Eine Fehlberechnung im Übrigen, denn der Computer prognostizierte das Ende für 1987.
Missverständnisse, Kunstgeschichtsschreibung und der Konstruktion von Heimat
Um Verkennen beziehungsweise verzögertes Erkennen geht es dazu passend in der Galerie Martin Janda. Die Palette reicht von einem Interview, das keinerlei Ähnlichkeiten mit einer persönlichen Kommunikation mehr aufweist (Roman Ondak „Interview“), Sprichwörter, die umgedeutet werden (Kathrin Sonntag „Mühsam ernährt sich das Einhorn“) oder falsche Übersetzungen, die einen neuen (poetischen) Sinn erzeugen (Lisa Oppenheim „Cathy“) – im Mittelpunkt der von Kurator Jacob Proctor zusammengestellten Präsentation stehen die Interpretation und die damit oft einhergehenden Missverständnisse.
Letzteres gerade in Bezug auf unterschiedliche Sprachen und Formen der Kommunikation in verschiedenen Kulturkreisen ein aktuelles Thema. Inwieweit „Sprache Funktionen von Heimat und kultureller Identität sowie Ideen von Unterbringung und Vertreibung hervorbringt“ wird in der Galerie Nathalie Halgand anhand einer von Samuel Leuenberger zusammengestellten Schau mit Werken von Künstlern rund um den Erdball – von James Webb über Ethan Hayes-Chutes bis zu Pilar Quinteros und Stéphanie Saadé – erforscht.
Kunst aus dem südostasiatischen Raum sowie Australien steht hingegen im Mittelpunkt der Präsentation in der Galerie Hilger in der Anker Brotfabrik. Für die Zusammenstellung wählte man den Experten für zeitgenössische Kunst aus diesen Breiten, Matthias Arndt. Untersucht werden u.a. die Bedeutungen von Identität stiftenden Symbolen. Die Ausstellung ist nicht nur aufgrund des Umstands, dass Künstler aus diesem Raum in der vorherrschenden Kunstgeschichtsschreibung unterrepräsentiert sind, geradezu ein Muss.
Symbole und Kunstgeschichtsschreibung sind auch Themen, die von anderen Kuratoren aufgegriffen wurden. Während die Galerie Knoll zu den Anfängen der Kunstgeschichtsschreibung unter Papst Julius II zurückkehrt und diese mit der Vorstellung einer komplexeren Simultanität wie sie im Dada zu finden ist, kombiniert, widmet sich die Galerie Steinek mit einer kleinen aber feinen Schau dem Körper als Sprachelement. Die Wege der Kommunikation sind vielfältig.
curated by_vienna 2017
image/reads/text
Noch bis 14. Oktober 2017
In 21 Wiener Galerien
Öffnungszeiten: Di. bis Fr. 12.00 bis 18.00 Uhr, Sa. 11.00 15.00 Uhr
Geführte Tour:
Homepage: www.curatedby.at
Termine zu den Touren
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